Stress ist ein ständiger Begleiter unseres modernen Lebens. Ein intelligenter Umgang mit Stress beeinflusst die Zufriedenheit und Leistungsfähigkeit im Alltag in entscheidender Weise.
Entwicklungsgeschichtlich betrachtet ist Stress (lat.: stringere = anspannen; engl.: Druck, Anspannung) eine körperliche Reaktion auf eine Belastungssituation. Der Körper wird in Alarmbereitschaft versetzt und auf die Bewältigung der Situation vorbereitet.
Der Begriff Stress wurde in den dreißiger Jahren durch den Zoologen Hans Seyle zunächst als etwas durchaus Positives definiert. Demnach ist Stress eine „unspezifische Reaktion des Körpers auf jegliche Anforderung“ (Stressoren genannt). Sinnvoll ist die Stressreaktion bspw. in konkreten Gefahrensituationen. Bei einem Wohnungsbrand bewirkt die Stressreaktion die Aktivierung von Muskulatur und Kreislauf und eine gesteigerte Aufmerksamkeit auf die Gefahrensituation. In akuten Stresssituationen erhöht sich unsere Handlungsbereitschaft. Darum sind wir unter Stress kurzzeitig zu besonderen Leistungen fähig.
Egal ob anhaltender Leistungsdruck, Zeitdruck, Reizüberflutung, Existenzängste, soziale Konflikte, ein gestörtes Betriebsklima, inadäquates Führungsverhalten von Vorgesetzten aber auch die Doppelbelastung durch Familie und Beruf – in der heutigen schnelllebigen Zeit gibt es zahlreiche Stressoren, die die Stressreaktion im Alltag auslösen können. Doch wer chronisch unter Anspannung ist, bekommt die Folgen deutlich zu spüren: Schwitzen, Magen-Darm-Beschwerden, Innere Unruhe, Schlafstörungen und verspannte Muskulatur, bis hin zum Burnout, sind einige der typischen Stresssymptome.
Stress kann sich durch ein Ungleichgewicht zwischen den Anforderungen der Umwelt einerseits und den persönlichen Ressourcen, also den Strategien, die Situation erfolgreich zu bewältigen andererseits, entwickeln. Stress entsteht also immer dann, wenn wir denken, einer Aufgabe nicht gewachsen zu sein.
Deshalb sind viele Stressauslöser im Alltag auch nicht für alle Menschen gleich, sondern höchst individuell. Der eine gerät in Schweiß, wenn er eine Rede vor 50 Leuten halten soll. Die andere wird wütend, wenn er im Stau steht. Der dritte gerät unter Druck, weil er merkt, dass die Deadline für die Abgabe seiner Arbeit näher rückt.
Andere Stressoren sind hingegen für fast alle Menschen sehr belastend und erzeugen psychischen Stress (z. B. ein Unfall, der Tod eines nahen Angehörigen, Arbeitslosigkeit oder eine schwere Krankheit). Aufgrund der Häufung sind es meist die “kleinen” Ärgernisse und Anstrengungen des Alltags, die immer wieder Stress auslösen.
Nicht wenige Menschen träumen von einem Leben ohne Stress. Dieser Wunsch, keine Termine, sondern Zeit für sich selbst und andere zu haben oder nur so in den Tag hineinzuleben, ist immer dann besonders vorhanden, wenn die Belastung sehr hoch ist und die Arbeit einem über den Kopf wächst. Während in diesem Fall ein stressfreies Leben durchaus verführerisch erscheint, lässt sich grundsätzlich festhalten, dass Stress nicht per se negativ ist. Denn Stress erhöht die Aufmerksamkeit und fördert die Leistungsfähigkeit unseres Körpers, ohne unserem Körper zu schaden. Dieser meist kurzfristige und moderate Stress wird in der Literatur häufig als Eustress bezeichnet. Eustress motiviert und steigert die Produktivität, weil wir durch die höhere Leistungsbereitschaft Aufgaben erfolgreich lösen. Die positive Erfahrung, eine Herausforderung gemeistert zu haben, steigert wiederum das Selbstvertrauen, die nächste Aufgabe genauso gut zu bewältigen.
Die Definition Eustress und Distress ist nicht präzise. Für die Wirkung von Stress auf unseren Organismus ist vielmehr entscheidend, wie lange die Stressreaktion im Körper abläuft bzw. wie gut unsere Strategien sind, Stress schnell zu reduzieren.
Beim Stress kommt es also auf die Dosis an. Wenn wir keine Strategien haben, um die aktuellen Herausforderungen des Alltags zu bewältigen, wird Stress negativ. Erleben wir Situationen als bedrohlich und überfordernd, ohne dafür eine Lösung zu haben, kann Stress negative körperliche und psychische Auswirkungen haben (LINK Stress Symptome). Wir tun tausend Dinge gleichzeitig, weil der Fokus verloren geht. Das kostet enorm viel Energie und Ergebnisse werden immer schwieriger zu erreichen.
Auch unsere Denkweisen und Einstellungen haben einen erheblichen Einfluss auf unser Stresserleben. Stellen Sie sich vor, zwei Menschen stehen morgens im Stau. Die eine Person schlägt vor Ärger auf das Lenkrad, gerät ins Schwitzen, hadert mit sich, weil sie schon wieder zu spät kommt und ihr Chef schlecht über sie denken könnte. Die andere Person kommt zu dem Schluss, dass sie aktuell nichts ändern kann, ruft im Büro an, dass sie sich verspäten wird und stellt das Autoradio an und hört Musik. Obwohl die Ausgangssituation identisch ist, unterscheiden sich beide Personen darin, wie sie den Stressor wahrnehmen und darauf reagieren und damit auch in ihrer Stressresistenz fundamental.
Oft sind wir selbst unsere strengsten Antreiber. Mit Einstellungen wie “Mach es immer perfekt” oder “Sei auf der Hut!”, “Sorg dafür, dass du von allen gemocht wirst” erzeugen wir selbst Anspannung und nehmen uns Handlungsmöglichkeiten. Die stressverstärkenden Einstellungen sind oft nicht bewusst präsent, aber innerlich wirksam. Wir denken, dass wir sie unbedingt erfüllen müssen. Wenn nicht, hätte dies negative Konsequenzen.
Die Top 5 der stressverstärkenden Einstellungen sind:
Bei Stress laufen im Körper einige biochemische Prozesse ab. Vermittelt über eine höhere Sympathikusaktivität werden in akuten Stresssituationen die Stresshormone Adrenalin und Noradrenalin ausgeschüttet. Als Folge erhöhen sich die Atemfrequenz, der Blutdruck und die Pulsfrequenz. Ebenso wird die Durchblutung im Gehirn und in der Muskulatur kurzfristig gesteigert. Die Energiebereitstellung erhöht sich. Der Organismus ist bereit zu reagieren. Andere Systeme des Körpers werden in dieser Phase heruntergefahren (z. B. die Verdauung). Der Sympathikus bewirkt also bei akutem Stress eine erhöhte Leistungsbereitschaft und Konzentrationsfähigkeit, der Parasympathikus bewirkt als Gegenspieler eine Erholung und Regeneration des Körpers.
Wie gut Sympathikus und Parasympathikus regulieren, lässt sich übrigens messen. Mithilfe eines HRV-Scans (Herzratenvariabilitäts-Scan, s. auch hier: https://www.baliogo.de/stress-check/) erhält man verlässliche Daten darüber, wie gut die innere Bremse funktioniert. Ein gut funktionierenden Parasympathikus ist nicht nur wichtig, um schnell abschalten oder gut schlafen zu können, sondern auch verantwortlich für eine Regeneration auf Organebene.
Sind Menschen längerfristig angespannt und haben keine ausreichenden Möglichkeiten zur Entspannung, wird eine psychische Belastung zum Gesundheitsrisiko. Chronischer Stress führt zu einer dauerhaften Aktivierung des Sympathikus. Die Auswirkungen von chronischem Stress spiegeln sich in unterschiedlichen Organsystemen wider: Das Immunsystem wird langfristig geschwächt, so dass die Anfälligkeit für Infektionserkrankungen wie Erkältungen oder Herpes Viren ansteigt. Der Magendarm-Trakt reagiert mit Verdauungsproblemen. Der Blutdruck pendelt sich auf einem höheren Niveau ein. Ferner beeinflusst ein dauerhaft erhöhter Stresshormonspiegel auch den Stoffwechsel. Stress führt zu erhöhten Blutzucker- und Cholesterinwerten. Muskelverspannungen können langfristig Kopf- und Rückenschmerzen verursachen. Die Dauerbelastung erhöht das Risiko für Erschöpfungszustände, Depressionen, Suchterkrankungen oder Burnout.
Die gute Nachricht ist: wie häufig und wie stark wir gestresst sind, ist zwar auch abhängig von den äußeren Rahmenbedingungen und genetischen Voraussetzungen, andererseits hingegen in hohem Maße durch uns selbst beeinflussbar. Innere Stärke ist keineswegs ausschließlich angeboren, sondern kann genauso trainiert werden, wie andere Fähigkeiten (bspw. Spielen eines Musikinstruments, Aneignen einer Sportart, Erlernen einer Sprache). Lesen Sie hierzu weiter in der unter Resilienz, Resilienzfaktoren usw.
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